Woche 7 & 8: Innere II = Nephrologie
Die letzten zwei Wochen waren sehr entspannt, da ich des meist mittags schon wieder zu Hause war. Wir durften indirekt selbst entscheiden wie lang wir bleiben wollten, es macht ja auch keinen Sinn stundenlang herum zu sitzen, wenn nur Briefe geschrieben werden und für Studenten nichts zu tun ist. Die Ärzte waren nett und gaben sich Mühe, mit uns ein paar Themen gezielt zu besprechen, aber das konnte auch nichts daran ändern dass es mir absolut nicht gefallen hat. Auch Chef- und Oberarzt haben sich sehr bemüht uns ein paar Dinge nie wieder vergessen zu lassen. Die Visite war deutlich länger als auf anderen Stationen. In der Hämato-Onko war sie so lang, weil dem Patienten viel erklärt werden musste und Therapieentscheidungen gefällt wurden. Hier auf der Nephro spielen Laborwerte eine wichtige Rolle, so dass lange hierüber diskutiert wurde.
Die meisten Patienten waren so alt, dass eine Kommunikation kaum möglich war. Oft war ich morgens der Wecker, der die Blutentnahme ankündigte (so leid es mir tat). Und auch dabei schlief der ein oder andere wieder ein. Hmm. Demenz, Bettlägrigkeit und Multimorbidität waren die Hauptprobleme neben Nierenerkrankungen zum Teil mit Dialysepflicht. Immerhin habe ich gelernt wie Patienten aussehen, deren Kreatinin minimal ist, weil sie eine geriatrische Muskelmasse haben. Und dass diese Patienten mit einem „normalen“ Kratinin schon dialysepflichtig sein können. Auch habe ich endlich mal einen Shunt gesehen (also eine arteriell-venöse Verbindung, die aussieht wie eine Schlange auf dem Arm, die leicht vibriert. Ich wusste nur, dass Blut abnehmen daran absolut tabu war, hatte es mir aber immer kleiner vorgestellt. Die Dialysestation haben wir uns natürlich bei der Gelegenheit auch angesehen und dort gelernt was Hickman- und Shaldon-Katheter sind und wie Peritoniealdialyse funktioniert.
Was gibts sonst zu erzählen…unsere Aufgaben: Blut abnehmen (das war eine Herausforderung, da geriatrische Venen nicht die besten sind), Zugänge legen (mache ich immer gern, da hier jede Übung gut tut), Infusionen anhängen (der größte Quatsch, das ist Schwesternarbeit, aber als Student kann man Feinde nun wirklich nicht gebrauchen), Blut ins Labor oder zur Transfusionsmedizin oder in die Mikrobiologie bringen (immerhin lernt man sich im Klinikum zu orientieren haha..), Anrufe tätigen (yeah..), Urinsediment gewinnen und mikroskopieren. Oh ja und dann gab es noch eine 65-jährige (!!) Patientin mit Trisomie 21, bei der eine Kommilitonin und ich jeden morgen Blut abnehmen sollten, da sie Männer hasste und wir die einzigen Frauen waren. Jeden Morgen aufs Neue ging der Terror los: Schlagen, kneifen, schreien und Arme wegziehen (wie ein Kind, nur mit viieel Kraft), das war nicht mehr lustig.
Zu den Aufgaben: als Student ist man in einer Zwickmühle: Man sollte den ganzen Tag da sein, um sofort zur Stelle zu sein, wenn etwas interessantes passiert. Dabei langweilt man sich einen Großteil der Zeit, setzt sich dabei hin und liest ein Lehrbuch (was ja auch nicht schlecht ist, im Arztzimmer aber auch nur begrenzt produktiv). Lernen muss man irgendwie wenn alle anderen Feierabend haben oder schon schlafen. Man arbeitet im Stationsalltag mit, indem man den Ärzten einfache Arbeiten abnimmt, damit diese schneller fertig werden. Wenn man Glück hat freuen sie sich darüber und nutzen die gesparte Zeit, um uns abzufragen, wichtige Krankheitsbilder zu besprechen und Fragen zu beantworten. Dann freuen wir uns und der Tag lohnt sich. Wenn es schlecht läuft macht man all das ohne etwas zu lernen und fühlt sich am Ende des Tages unproduktiv und ausgepowert. Und dann nervt das lernen danach besonders. Ich glaube man muss einfach flexibel sein und versuchen jeden Tag aufs neue die Situation und das eigene Interesse abzuschätzen – überengagiert sein wenn es was zu lernen gibt und die Station verlassen wenn es langweilig wird. Sehr liebe Leute haben in meinen Augen absolut verloren, weil sie jeden Tag im Dunkeln nach Hause kommen und auch nicht mehr gelernt haben.